Glückliche Gesichter am Jubiläumstag: Die Jugendlichen von Haus Hephata, einer Einrichtung jür junge Männer mit Behinderung, nehmen den VW-Bus in Besitz. Pastor Kempf und die Geschäftsführer Eduard und Hans Overlack zelebrieren die Übergabe.

1972 Ein VW-Bus zum Jubiläum

„Wenn ein Mensch die 50 Jahresschwelle überschritten hat, so mag das Bewusstsein wachsen, dass keiner weise ist, der nicht das Dunkel kennt, das unentrinnbar und leise von allem ihn trennt“, zitiert Kurt Weinstock von der Firma Weinstock + Siebert in seinem Glückwunsch zum 50. Jubiläum Hermann Hesse, um fortzufahren: „Eine Firma aber, die letztlich das Zusammenspiel von Mensch und Materie symbolisiert, kann oftmals 50 Jahre alt und immer wieder jung werden. Dies beweist eindrucksvoll Ihre Firma, die in der zweiten Generation neue Impulse erhielt, nach innen wie nach außen gewachsen und dazu noch schöner geworden ist. Es lebe die 50 Jahre alte und doch so junge Firma GEBR. OVERLACK!

Über das soziale Engagement der beiden Geschäftsführer freut sich die WESTDEUTSCHE ZEITUNG im Juni 1972 in ihrem Geburtstagsartikel: „Der Entschluss passt sowohl in die Firmengeschichte wie in das soziale Engagement der Eigentümer: statt Festschrift und kaltem Buffet gab es bei Gebrüder Overlack einen funkelnagelneuen VW Kleinbus, auf den sich das Haus Hephata schon seit langem freute.“


Rundschreiben vom Dezember 1973 in Sachen Rohstoffversorgung – Preissituation

1973 Die Ölkrise

Die erste große Ölpreiskrise führt 1973 nicht nur zu dramatisch steigenden Benzinpreisen an den Tankstellen, Sonntagsfahrverboten, verlängerten Schulferien und der Schließung von Hallenbädern, sondern bringt auch die Firma Overlack in Bedrängnis. „Durch die Erdölkrise ist das Ausmaß weiterer, schwerwiegender Versorgungslücken (bei sprunghaft steigenden Preisen) nicht mehr abzusehen. […] bis auf weiteres müssen wir mit Ihnen über jeden Auftrag in erdölabhängigen Produkten (das ist fast unsere gesamte Lieferpalette) sprechen, um uns mit Ihnen über Liefermöglichkeiten und Preis abzustimmen.“

Irgendwie kommt einem das heute, im April 2022, geradezu unheimlich bekannt vor. Damals hatte die Kombination aus Inflation, Energiekrise und Rezession zu einer apokalyptischen Grundstimmung in der ganzen westlichen Welt geführt. Heute gibt es zusätzlich noch einen höchst grausam geführten Krieg in Osteuropa. Wo steuern wir hin?

Im Rundschreiben an die Einkaufsabteilungen verspricht die Geschäftsleitung im Dezember 1973 wenigstens dies: „Sie dürfen davon überzeugt sein, dass wir die beklagenswerten Lieferengpässe und die damit verbundene, auch uns nahezu unannehmbar erscheinende Preisentwicklung nicht dazu ausnutzen werden, unberechtigte Preisaufschläge von Ihnen zu fordern.“


1974 Mitarbeiterbeteiligung bei Overlack

1974 gibt es sie schon seit fünf Jahren: die Vermögensbeteiligung der Mitarbeiter nach einem eigens für die Firma Overlack entwickelten Modell. Mit dieser Idee liegt man in den sozialen 70er Jahren durchaus im Trend der Zeit.

Dabei ist Eduard und Hans Overlack die Möglichkeit der freien Entscheidung zwischen Konsum und Anlage wichtig: „Wir wollten jeden unserer Mitarbeiter herausfordern: zum wirtschaftlichen Denken, zur Eigentümer-Einstellung gegenüber seiner Arbeitsstätte und zum Mitinteresse an einem möglichst hohen Jahresgewinn der Firma”, zitiert die WESTDEUTSCHE ZEITUNG am 5. Juli 1972 und schreibt: „Also wählte man die Form des Darlehens, dass jeder Arbeitnehmer – wenn er will – aus seiner Jahresprämie und dem Jahresbonus (beides für Overlack schon lange selbstverständlich) der Firma gewähren kann.“ Auch die RHEINISCHE POST ist begeistert: „Fast 80 Prozent der Mitarbeiter stecken einen großen Teil ihrer Jahresprämien in die Firma.“

Kein Wunder bei den dafür gewährten Zinssätzen. Aus heutiger Perspektive sind die schlicht atemberaubend: 16–18 Prozent beispielsweise in den Jahren 1970 und 1971.

Ein Wermutstropfen bleibt – diese Geschichte ist zwar kein Märchen, doch leider, leider: Schnee von gestern!

 

1975 Wirtschaftsstandort Mönchengladbach

Im März 1975 bearbeitet Hans Overlack den Fragebogen der Prognos AG in Basel, die für die Stadt Mönchengladbach einen Wirtschaftsentwicklungsplan erarbeitet. In seinen ehrlichen Antworten beklagt er die „schlechte wirtschaftliche Entwicklung im linksrheinischen Raum“ und den Umstand, dass das „starke Sterben unserer Kunden durch die Schließung vieler Textilunternehmen“ zu deutlichen Umsatzrückgängen geführt habe. Nun gibt es weite Wege: „Die Anfahrtsstrecke zu einem großen Teil unserer Kunden im Raum Köln, Düsseldorf, Wuppertal, Ruhrgebiet ist zu weit.“ Außerdem hat die Stadt gegen den Einspruch der „Gebr. Overlack“ das Nachbarareal von Industriegelände zu Wohngebiet umgewidmet – eine wenig befriedigende Situation in Anbetracht der nicht unerheblichen Mengen an Chemikalien, die hier gelagert werden


 

1976 Die Rokalinchen – Insolvenz eines Großkunden

Über etliche Jahre hinweg wird ein formschönes Glasgefäß auf dem Schreibtisch von Hans Overlack stehen, gefüllt mit 280 Pfennigen. Darauf in Goldbuchstaben die Aufschrift: „ROKALINCHEN!“ Die Freundin Marga Dornieden hat Hans diese Glückspfennige überreicht – immerhin: jeder einzelne symbolisiert einen Tausend-Mark-Schein und soll über den Verlust aus dem Konkurs des Automobilzulieferers Rokal hinweghelfen. Existenzbedrohend ist der Ausfall des Großkunden zum Glück nicht, Hans Overlack beschreibt die Sache in diesem Bild: „Es ist, als habe man einen Bär ins Hinterteil geschossen. Wir sind getroffen. Die Sache ist sehr schmerzhaft und wir lahmen auch etwas. Allerdings ist es nicht lebensgefährlich. Es verheilt und wir werden damit fertig. Keiner der Overlack-Mitarbeiter braucht deshalb um seinen Arbeitsplatz zu fürchten.“


 

1977 Zahlenspiele

Das hier notiert Hans 1977:

„1953 hat die Firma 47 Mitarbeiter, davon 30 Arbeiter und 17 Angestellte.
1977 hat die Firma 100 Mitarbeiter, davon 44 Arbeiter und 56 Angestellte.
Die durchschnittlichen Personalkosten belaufen sich im Jahr 1953 auf 6200 DM, im Jahr 1977 auf 34.600 DM pro Kopf.“

Die Belegschaft hat sich mehr als verdoppelt in diesen 24 Jahren, zugleich hat sich das Verhältnis zwischen Hand- und Kopfarbeit deutlich zugunsten der Büroarbeit verschoben. Dass weniger Lagerarbeiter mehr Umschlag machen ist nur dank verstärktem Maschineneinsatz und automatisierter Abläufe möglich.

Gewiss denken auch einige der neu hinzugekommenen Kopfarbeiter über möglichst effiziente Strukturen im Unternehmen nach – eine zunehmend wichtiger werdende Aufgabe, wenn man konkurrenzfähig bleiben will.


„Ich lieb mein Bett / mein Bett ist nett / ach wenn ich‘s doch nur / immer bei mir hätt …“ Hans Overlack bei der improvisierten Mittagspause während eines Firmen-Wandertages

1978 Wandertag

In der Firma Overlack ist er eine über die Jahre, wenn nicht Jahrzehnte gepflegte Tradition: der gemeinsame Wandertag in Frühling oder Sommer jeden Jahres. Dabei werden durchaus imponierende Wegstrecken zurückgelegt, mittags lagert man sich auf idyllisch gelegene Wiesen zum mitgebrachten Picknick und folgt ansonsten willig dem Wanderführer Hans, der sich als leidenschaftlicher Mittagsschläfer notfalls auch mal auf einer improvisierten Holzbank entspannt.

Nur einmal nimmt der so fröhlich begonnene Ausflug ein bitteres Ende, das geschieht im Mai 1973, als der Prokurist Erich Meyer wenige Monate vor seinem verdienten Ruhestand einer plötzlichen Herzattacke zum Opfer fällt. In jenen versunkenen Zeiten vor dem Handy braucht es einen ganzen Staffellauf an Wandergefährten um auch nur die ach so fern gelegene nächste Telefonzelle zu erreichen.

Zu spät!

In persönlichen Worten verabschieden sich „Die Angehörigen der Firma Gebr. Overlack“ von Erich Meyer: „Er war einer unserer Besten. Er fühlte sich uns und wir uns ihm von Herzen verbunden. Wir schulden diesem prächtigen Menschen Dank und Verehrung.“

Nach diesem Schicksalstag gibt es zunächst keine weiteren gemeinsamen Ausflüge mehr – zu sehr steckt der Schreck allen Beteiligten noch in den Knochen.


Dankesschreiben von Ed Overlack an seine Brüder, April 1935

1979 Abschied der Honnefer

Ed Overlack, der 1925 so wagemutig in das Unternehmen seiner Brüder investierte, hat diese Geldanlage nie bereut. Beispielhaft zeigt das sein Brief vom April 1935. Sein in jungen Jahren in Bolivien erworbenes Vermögen erlaubt Ed ein Leben als Privatier; mit seiner Familie hat er sich nach der Rückkehr nach Deutschland 1926 in Honnef am Rhein niedergelassen. Die jüngeren Brüder bekommen im Brief vom April 1935 ein dickes Lob: „Das hervorragende Resultat Ihrer Bilanz erfüllt mich mit großer Dankbarkeit und großem Stolz. Dankbar bin ich Ihnen dafür, dass Sie den Aufstieg der Firma in einzig dastehender Weise vorwärts getrieben und damit auch meinen Interessen in uneigennützigster Weise gedient haben. Stolz bin ich darauf, einer solchen Firma als Kommanditist angehören zu dürfen.“

1961 verstirbt Ed, wenige Jahre später seine Frau Elisabeth, ihre Töchter Ingeborg, Renate und Christa treten anstelle der Eltern als Teilhaberinnen in die „Gebr. Overlack“ ein. Dabei ist ihre spätere Auszahlung von vornherein eine verabredete Sache. Das Unternehmen soll nicht in zahllose Hände aufgesplittert werden. So kaufen Eduard und Hans in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre die Anteile der „Honnefer“ nach präzis vorgegebenen gesellschaftsvertraglichen Regelungen zurück. Zum Januar 1980 ist der Familienstamm Ed Overlack endgültig aus dem Unternehmen ausgeschieden.


Die Türmchenvilla heute

Der Katasterplan von 1975 illustriert die Grunderwerbsstrategie der Gebr. Overlack

1980 Jahrhundertwende-Villa wird Sozialgebäude

Ins Jahr 1973 datiert ein für die Firma wesentlicher Grunderwerb an der Aachener Straße – nach jahrzehntelanger Zahlung von Leibrente an die Damen Niedergesäs fällt deren Besitz an die „Gebr. Overlack“. Die Villa aus der Zeit der Jahrhundertwende ergänzt das Ensemble an der Aachener Straße um eine wesentliche historische Komponente. Das heute als „Türmchenvilla“ bekannte Gebäude wird in den Folgejahren vom Wohnhaus zum Sozialgebäude umgebaut, das den Overlack-Mitarbeitern neben einer großzügigen Kantine auch einen Tischtennisraum und ein Separee für die Skatfreunde bietet. Die beiden Chefs freuen sich, mit überschaubaren Investitionen „einen großen Schritt in der betrieblichen Sozialpolitik“ getan zu haben.Ganz nebenbei vergrößert sich die Straßenfront der Gebr. Overlack von 100 auf 225 Meter und umfasst jetzt die Hausnummern Aachener Straße 238 bis 284. Ende der 1980er wird der Grundbesitz der „Gebr. Overlack“ an der Aachener Straße bei mehr als 30.000 Quadratmetern liegen.


Eine echte Firmenchronik!
Mit dem „Carl Arnsperger, Chemikalien Großhandel“ in Köln erwirbt die „Gebr. Overlack“ auch deren repräsentative Chronik aus dem Jahr 1947. Die Probeseiten geben einen kleinen Eindruck von den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs und dem Wiederaufbauwillen des Arnsperger-Teams.

1981 Übernahme Carl Arnsperger

Das Jahr 1981 markiert eine wesentliche Zäsur in Sachen Wachstumspolitik des Unternehmens. Die „Gebr. Overlack“ erwerben die traditionsreiche Kölner Chemikalienhandlung Carl Arnsperger genau im einhundertsten Jahr deren Bestehens. Dabei übernimmt man nur die Chemie-Sparte des Unternehmens, während Verkäufer Dieter Jacobi die Farben & Lackhandlung zunächst behält.

Ein gutes Geschäft für die Gebrüder – schon zwei Jahre nach dem Erwerb sind die Investitionskosten in Höhe von 300.000 DM wieder erwirtschaftet. Als dynamischer Geschäftsführer bewährt sich Franz-Josef Gormanns, der bei Overlack seine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann eben abgeschlossen hat und eigentlich noch studieren wollte. Das Angebot, die frisch erworbene Kölner Dependance zu leiten, ist zu verlockend. Franz-Josef Gormanns akzeptiert und trifft damit eine Entscheidung, die beide Seiten nie bereuen werden.

Acquisition of Carl Arnsperger, Cologne
today: part of OQEMA GmbH, Germany